Lesung und Gespräch: Auf den Spuren von KZ-Opfern

Imke Müller-Hellmann veröffentlichte ihre Recherchen 2014. (hfr)

Der „Arbeitskreis 27. Januar“ in Eutin lädt zu einer Autorenlesung ein. Am Dienstag, 29. Januar, stellt Imke Müller-Hellmann um 19 Uhr in der Kreisbibliothek am Schlossplatz 2 ihr Buch „Verschwunden in Deutschland – Lebensgeschichten von KZ- Opfern“ vor.

Ausgangspunkt ist das Dorf Engerhafe in Ostfriesland, wo von Oktober bis Dezember 1944 von Häftlingen des Konzentrationslagers Neuengamme ein Außenlager für Arbeiten am „Friesenwall“ gegen die befürchtete Invasion der Alliierten gebaut wurde. 2200 Häftlinge mussten Wälle an der Küste errichtet, Unterstände am Seedeich, Kanonenstände und Panzergräben im Hinterland. In ihrer Unterkunft in Engerhafe waren sie nachts eingepfercht in fünf unbeheizten Baracken, die voll standen mit dreistöckigen Betten für je zwei oder drei Männer unter einem Strohsack. 188 Menschen starben. Die Dorfbewohner sahen die Elendsgestalten morgens beim Auszug zur Arbeit und abends, wenn sie zurückkehrten. 65 Jahre später wollte die Enkeltochter einer jungen Mutter, die dem Lager gegenüber gewohnt hatte, mehr wissen. Die 88-jährige Großmutter begleitete sie zum Friedhof, schwieg aber. Auf dem Friedhof der Kirche waren die Namen der gestorbenen Häftlinge auf Steinen zu lesen. 68 Polen, 47 Niederländer, 21 Letten, 17 Franzosen, neun Russen, acht Litauer, fünf Deutsche, vier Esten, drei Belgier, zwei Italiener und Einzelne aus Slowenien, Dänemark, Spanien und der Tschechei. Durch intensives Suchen gelang es Imke Müller-Hellmann, zu elf Namen ein Schicksal nachzuerzählen. Auf Spurensuche durch Europa kam sie in sieben Ländern in Kontakt mit den Familien und Nachfahren.

Der 2005 gegründete „Verein Gedenkstätte KZ Engerhafe“ dürfte die Autorin ermutigt haben. Dessen Konzept beschreibt Sinn und Zweck der Gedenkstätte, sich der Menschenwürde der umgebrachten und überlebenden Häftlinge zu widmen. Durch Ergründen der Handlungsweisen der Täter ebenso wie des Mittuns in Behörden, Kirche und Militär und auch der hilflosen Gegner des Geschehens. Dies sei notwendig, heute wie damals, um vor der Schädigung der Menschenwürde zu warnen und sie zu schützen. Solche Erinnerungsarbeit bringe die Vision eines neuen menschlichen Miteinanders hervor, für ein durch Verständigung und Versöhnung geprägtes Europa.

Nach der Lesung laden die Veranstalter dazu ein, mit Imke Müller-Hellmann über ihre Spurensuche ins Gespräch zu kommen. Der Eintritt ist frei.

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