Vom Überleben im Holocaust

Der 84-jährige Zeitzeuge Jurek Szarf ist Holocaust-Überlebender. In der Baltic-Schule erzählt er von seinen Erlebnissen.

„Geschichte ist überall, und kein Schüler verlässt in Deutschland die Schule, ohne über den Nationalsozialismus informiert zu werden“, begrüßte Jonathan Koch, Klassenlehrer der Klasse 11d und Initiator des Zeitzeugentermins, die Schüler und Jurek Szarf in der Aula der Baltic-Schule.

Leben und Überleben im Zweiten Weltkrieg

Etwa 100 Schüler, darunter auch eine Schülergruppe aus der französischen Schweiz, die im Rahmen einer Schulpartnerschaft zu Gast in der Baltic-Schule war, lauschten interessiert, als der 84-jährige Jurek Szarf seinen Vortrag begann: „In vielen Veranstaltungen gibt es vorher ein wenig Musik, Geige oder Klavier. Wir haben auch versucht, Bushido zu bekommen. Hat leider nicht geklappt – zu teuer“, lächelte der Senior verschmitzt und fand damit sofort den Zugang zu den Teenagern. Anschließend berichtet er den Schülern von seinem dramatischen Leben und Überleben in den Jahren von 1939 bis 1945.

Holocaust-Überlebender berichtet

Bereits im Mai 1940 wurde die Familie, seine beiden Eltern, drei Onkel und eine Tante, in das Ghetto seiner Heimatstadt Lodz gesperrt – später in die Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen deportiert. Szarf spricht ohne Manuskript und schildert ruhig, fast sachlich, seine unfassbaren Erlebnisse. Von der erbarmungslosen Zwangsarbeit in den Lagern, dem ständigen Hunger und der Unterernährung, dem Typhus, der Läuseplage und den willkürlichen Erschießungen der Menschen durch Aufseher und Lagerkommandanten. Er musste ertragen, dass seine Mutter im Lager verhungerte. „Ich habe mich in der ganzen Zeit nie als Mensch gefühlt“, so der Zeitzeuge.

Schüler bekamen Einblicke in die damalige Zeit

Als er 1945 im KZ Sachsenhausen von der Roten Armee befreit wird, ist Jurek Szarf zwölf Jahre alt. Neben ihm und seinem Vater überlebte nur ein Onkel das Grauen dieser Zeit. 1951 emigrierte er in die USA, wurde amerikanischer Staatsbürger, kam in den 70er Jahren zurück nach Deutschland – und blieb. Die Schüler waren sichtlich bewegt. „Er hat so detailliert erzählt. Alles sehr anschaulich geschildert, auch die ganz schrecklichen Situationen. Es war schockierend und unwirklich zugleich. Vermisst habe ich aber die Schilderung seiner Gefühlswelt“, berichtet Dzenis Dzudzevic. „Er hat Geschichte lebensnah gemacht. Ich habe durch seine Schilderungen wirkliche Einblicke in die damalige Zeit bekommen“, ergänzt sein Klassenkamerad Maksym Loboda. Auch Mitschülerin Anna Reddemann ist der Ansicht: „Das war viel besser und vor allem anschaulicher als Geschichtsunterricht.“ KvD

 

Foto: Jurek Szarf (sitzend) beantwortete den Schülern Maksym Loboda (v. li.), Anna Reddemann und Dzenis Dzudzevic die Fragen über sein Überleben im Holocaust. © KvD

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