
Wenn ein Vergehen festgestellt wurde, wird der Fahrer des nachfolgenden Autos mit der Anzeige „Polizei“ und „Stop“ oder „Folgen“ aus dem Verkehr gezogen. (Fotos: Hö)
Was wird aus der Video-Überwachung der Autobahnpolizei? Die Polizeigewerkschaften fürchten, dass die Verkehrssicherheit dem Sparzwang zum Opfer fällt.
Auf den deutschen Autobahnen, aber auch auf den Straßen allgemein herrscht Kleinkrieg. Jeder meint, der erste sein zu müssen, es wird verbotswidrig rechts überholt und gedrängelt. Genau diese Delikte überwachen die Polizeibeamten mit ihren Videowagen.
„Mit stationären Anlagen können nur Momentaufnahmen aufgezeigt werden, mit den Videowagen können wir das Geschehen aber über eine größeren Zeitraum auf längerer Strecke dokumentieren“, erklärt Gerhard Kath vom Lübecker Kreisvorstand der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Er setzt sich gemeinsam mit seinem Kollegen Jörn Löwenstrom, Vorsitzender der Regionalgruppe Lübeck-Ostholstein der Gewerkschaft der Polizei (GdP), für den Erhalt der beiden Videowagen beim Polizei-Autobahn- und Bezirksrevier (PABR) Scharbeutz ein.
Das Land hatte schon 2015 vor, bei der Polizei Personal abzubauen, speziell auch im Bereich der Videowagen. Nach dem Flüchtlingszustrom war der Personalabbau erst mal wieder vom Tisch, jedoch nicht die Reduzierung der Videowagen. Die sollen von derzeit 18 auf zwölf verringert und in Bad Oldesloe und Neumünster konzentriert werden.
„Unsere Fahrzeuge waren bisher immer gut ausgelastet“, so Kath, der selbst mit einem Kollegen tagtäglich auf der Autobahn im Videowagen unterwegs ist. „Sollten wir in Scharbeutz die beiden Fahrzeuge verlieren, wird das eine Überwachungslücke nördlich von Lübeck nach sich ziehen. Dann wären für die A1 nur noch Fahrzeuge in Bad Oldesloe zuständig.“ Auch die Bundesstraßen wie die 207 und die 75 jeweils im Anschluss an die A1 und die A226 als Routen nach Skandinavien und in den Fährhafen wären dann aus der Überwachung raus.
Dabei belegen die Zahlen des Verkehrssicherheitsberichtes für das Jahr 2016, dass gerade die so genannten Aggressionsdelikte wie Rasen (30 Prozent), Drängeln (15 Prozent) und falsches Überholen (neun Prozent) auf Autobahnen zu den Hauptunfallverursachern zählen. Deshalb soll gerade in diesem Bereich die Überwachungstätigkeit erhöht werden.
„Leider sind im Verkehrssicherheitsbericht die Unfallschwerpunkte nicht ersichtlich“, bedauert Löwenstrom. Er sieht vor allem die Problematik, dass durch die Zentralisierung die Anfahrtswege für eine Acht-Stunden-Schicht relativ lang werden. Bedeutet: Es steht weniger Zeit für die eigentliche Überwachung zur Verfügung. „Jetzt kontrolliert die Polizeidirektion Lübeck über Scharbeutz selbst.
Sollten die Pläne umgesetzt werden, muss die eine Polizeidirektion bei der anderen, in diesem Fall Ratzeburg, für eine Überwachung anfragen“, erläutert Löwenstrom.
Die Forderung der beiden Gewerkschafter lautet daher unter anderem, dass sich die Planungsgruppe des Landespolizeiamtes von der Zentralisierung verabschiedet, den Bestand an Fahrzeugen nicht reduziert und den Fuhrpark erneuert. „Unsere beiden Fahrzeuge zählen zu den ältesten und haben mittlerweile über 500 000 Kilometer auf dem Tacho“, berichtet Kath. Durch immer öfter auftretende Ausfälle der veralteten Fahrzeuge stehen diese dann nicht für die Überwachung zur Verfügung. HÖ
Im vergangenen Jahr wurden auf den Autobahnen des Landes 108 545 Geschwindigkeitsverstöße festgestellt (4,8 Prozent mehr) und Überholverstöße waren 685 mal verzeichnet (1,6 Prozent mehr).
Zukünftig soll verstärkt auch die Handy-, Smartphone- und Tabletnutzung während der Fahrt kontrolliert werden. Dadurch erhöht sich das Unfallrisiko um den Faktor 23. 2482 mal wurde dieser Tatbestand festgestellt, ein Plus von 12,2 Prozent. HÖ