Wie kann man dem Teufelskreis Depressionen entkommen? Neurobiologen gibt Selbsthilfe-Tipps.
Mutlos, niedergeschlagen, ohne Energie und Antrieb. Menschen mit einer depressiven Erkrankung fällt es häufig schwer, sich aus eigener Kraft aus dem seelischen Tief zu befreien. „Die Symptome der Depression sind tief im Gehirn eingegraben“, erklärt Neurobiologe Professor Dr. Dr. Gerhard Roth. Doch therapeutische Strategien können helfen, den Teufelskreis zu durchbrechen. Neben kleinen, aber gezielten Verhaltensänderungen gehört dazu auch eine ganz besondere Komponente: menschliche Nähe.
Bei depressiven Menschen ist häufig der Hormonhaushalt im Ungleichgewicht. Sie produzieren zu große Mengen der Stresshormone Cortisol und Adrenalin und zu wenig vom Stimmungsaufheller Serotonin.
„Positiv wirken sich eine liebevolle Partnerschaft, Gespräche mit Freunden, eine innige Umarmung aus“, sagt Roth, Wissenschaftler am Institut für Hirnforschung der Universität Bremen. Denn spüren wir menschliche Zuneigung, schüttet der Körper das Bindungshormon Oxytocin und hirneigene Opioide aus. Sie können das Ungleichgewicht ausgleichen. „Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse der Neurobiologie. Eine starke emotionale Bindung zu meinen Mitmenschen kann Depressionen zwar nicht heilen, aber lindern.“
Nicht immer fällt es Betroffenen leicht, auf andere Menschen zuzugehen. Bei leichten Fällen der Depressionen können pflanzliche Medikamente den Start aus dem Tief erleichtern.
Regelmäßige Bewegung ist ein weiterer wichtiger Baustein in der Therapie, denn sie baut Stresshormone ab und wirkt antidepressiv. „Doch viele schaffen es nicht, sich aufzuraffen”, weiß der Experte.
Er empfiehlt Betroffenen, mit ganz kleinen Schritten zu beginnen – und damit die eingefahrenen Muster im Gehirn zu überlisten. „Normalerweise gelingen Verhaltensänderungen nur, wenn sie schleichend herbeigeführt werden. Also fahren Sie zum Beispiel mit dem Rad zum Einkaufen, statt das Auto zu nehmen.” Die Strategie lässt sich auch auf andere Bereiche des Alltags übertragen: Wer morgens nicht aus dem Bett kommt, stellt sich den Wecker jede Woche fünf Minuten früher. Allerdings: Bis sich das neue Verhalten eingeprägt hat, braucht es mindestens sechs Wochen. „Denn so lange dauert es, bis sich im Gehirn neue Nervenzellen gebildet haben.” akz-o